"Zeichnen, hinzufügen, übermalen, wegnehmen, überzeichnen, abwaschen, verdichten, auflösen. Spontane Einfälle sowie Zufälle zulassen. Das Unvorhersehbare steuern, dynamisch, hochbewußt und ungezähmt zugleich. Eine Folge von Entscheidungen treffen die sich aufdrängen, aus dem Inneren kommen. Das Bild anschauen, Abstand gewinnen, sich setzen lassen, wieder anschauen. Erwidert es meinen Blick, ist es gut."
Lisa Fürst versteht sich vor allem als Zeichnerin, die Linie ist immer Ausgangspunkt und meistens eloquenter Hauptakteur ihrer Arbeiten. Dennoch bleibt der Zeichenprozess auch offen für den Einsatz malerischer Mittel, gedruckter Elemente oder Collagen. Fürsts vielschichtige Bildsprache ist kraftvoll und berührend, birgt erzählerisches Potential. Das feine Austarieren von Spannungsverhältnissen und Rhythmen bei der Inbesitznahme der Bildfläche kennzeichnet die Arbeiten der Künstlerin, sowohl die abstrakten als auch die mit erkennbarem zeichnerischem Anlass.
Vieles wirkt spielerisch und skizzenhaft, verharrt aber nie in der Vordergründigkeit. Die differenzierte Linien- und Formensprache sucht Unsagbares zu fassen, unterschiedliche Zustände des Daseins werden ausgelotet: Verwirrung, Verstrickung, Vertuschung, Verdichtung. Verborgenes und wieder Aufgedecktes, Übermaltes und Durchscheinendes behauptet sich als bildnerische Komposition, setzt gebundene Energien frei, erzeugt Kraftfelder durch formale Gegensätze.
Lisa Fürsts meistens verhaltener doch sehr bewußter Einsatz von Farbe gibt Räumlichkeit oder trägt eine Stimmung, Farbe dient hier eher als Bühnenbild für das Agieren der zeichnerischen Spuren, dem Linienspiel, das sich in großer Bandbreite manchmal energisch bis angriffslustig, manchmal fragil und hochsensibel zeigt.